Aktuelle Forschung in Kürze

Mehr Aufmerksamkeit als üblich! Hundehaltung während des strikten Covis19-Lockdowns

 

 

Hintergrund

Wie an vielen Orten gab es auch in Grossbritannien einen harten Lockdown während des ersten Coronajahres 2020. Dies bedeutete für viele Hundebesitzer*innen, dass sie auf einen Schlag viel öfters zu Hause waren. Eine Studie fand eine Vervierfachung der Zahl der Hunde, die nicht länger als 5 Minuten allein zu Hause gelassen wurden (ein Anstieg von 14,5 % vor dem Lockdown auf 57,8 % während des Lockdowns). In Grossbritannien war es nur ein Mal pro Tag erlaubt das Haus für Sport zu verlassen. Darunter fielen in vielen Bezirken auch die Hundespaziergänge. In dieser Studie wollten die Autor*innen untersuchen, wie sich die Restriktionen auf die Hunde und ihre Hundhalter*innen auswirkten.

 

Methode

Es wurden über verschiedene soziale Plattformen Hundebesitzer*innen rekrutiert und befragt. Es wurden zwei offene Fragen gestellt, die mit einem kleinen Text von den Teilnehmenden beantwortet werden konnten. Die Fragen waren: (1) „Was, wenn überhaupt, gefällt Ihnen derzeit besonders gut an der Hundehaltung?“ und (2) „Was, wenn überhaupt, bereitet Ihnen derzeit besondere Sorgen im Zusammenhang mit Ihrem(n) Hund(en) oder dem(n) Hund(en) anderer Leute?“ Die Teilnehmenden gaben wie in einem Tagebuch wiederholt Antworten. Die Antworten wurden codiert, thematisch geordnet und dann ausgewertet.

Resultate und Diskussion

Es wurden 10’510 Einträge, die zwischen 4. und 12. Mai 2022 während des strickten Lockdowns geschrieben wurden, in die Analyse einbezogen. Die Mehrheit der Teilnehmenden war weiblich. Aus den Daten kristallisierten sich drei Hauptthemen heraus: Zeit, die man zu Hause mit dem Hund/den Hunden verbringt, Spaziergänge sowie Verhalten und Training.

Im Allgemeinen genossen es die Besitzer*innen mehr Zeit als sonst mit ihren Hunden zu verbringen. Viele der Befragten schätzen es, während des Lockdowns mit ihren Hunden spazieren zu gehen, und gaben an, dass diese Aktivität und die damit verbundene Routine sich positiv auf ihr psychisches Wohlbefinden auswirkten. Es wurde auch berichtet, dass sie sich durch den Hund unterstützt und weniger alleine fühlten. Da viele Erwachsene von zu Hause aus arbeiten und die meisten Kinder von zu Hause aus unterrichtet wurden, ermöglichte der Lockdown auch Spaziergänge, an denen mehrere Mitglieder des Haushalts beteiligt waren, also Familienspaziergänge. Es gab aber auch Personen, die berichteten, dass die Spaziergänge funktionaler wurden (angeleint, ohne Kontakt zu Hunden oder anderen Menschen, ohne freies Rennen) und somit für Halter*innen und auch die Hunde weniger befriedigend waren. Einerseits vermieden einige Personen stark bevölkerte Orte und gleichzeitig machten sie sich Gedanken, dass ihre Hunde zu wenig mit anderen Hunden in Kontakt kommen. Einige Besitzer*innen hatten auch Bedenken, dass sie ihren Hunden während dieser Zeit nicht genügend Bewegung bieten konnten. Es wurde von Versuchen berichtet, die fehlenden Spaziergänge mit Spiel und Training zu Hause auszugleichen.

Die Besitzer*innen berichteten, dass sie während des Lockdowns neue unerwünschte Verhaltensweisen bei ihren Hunden beobachteten. Sie gaben an, dass Veränderungen im Tagesablauf dazu führten, dass die Hunde rastloser, unruhiger, schlafgestörter, lauter, aufmerksamkeitsbedürftiger und zerstörerischer wurden. Die Besitzer*innen brachten diese Verhaltensweisen mit Langeweile, einer geringeren Vielfalt an Aktivitäten und zu wenig Bewegung und Stimulation in Verbindung.

Viele Besitzer*innen äusserten weiter die Bedenken, dass sich die zusätzliche Zeit, die sie mit ihren Hunden verbringen, negativ auf die zukünftige Fähigkeit des Hundes allein zurechtzukommen auswirken könnte. Einige Besitzer*innen bemerkten, dass ihr(e) Hund(e) „anhänglicher“, lauter oder verängstigter waren, wenn sie allein gelassen wurden, und dass sie mehr die Nähe und Aufmerksamkeit ihrer Besitzer*innen suchten. Allerdings ließen nur sehr wenige Besitzer*innen ihren Hund während des Lockdowns (absichtlich) alleine. Es ist wichtig, in der Erziehung von Hunden die Möglichkeit zur Bewältigung der „Alleinzeit“ als Akt der Fürsorge gegenüber Hunden zu verstehen. Die Fähigkeit eines Hundes, kurze Zeit allein zu bleiben, trägt zu seinen Lebenskompetenzen, seinem Wohlbefinden und einer besseren Mensch-Hund-Beziehung bei. Daher sollte ein solches Alleinzeit-Training aktiv eingebaut werden, wenn es sich nicht natürlich ergibt.

Die Autor*innen empfehlen, dass Hundehalter*innen Wissen über Sozialisierungstechniken einholen, dass klare und leicht zugängliche Leitlinien zum Umgang mit Pandemiemassnahmen in Bezug auf die Hundehaltung geschaffen werden, damit sichergestellt werden kann, dass Welpen und erwachsene Hunde eine Reihe unterschiedlicher Erfahrungen machen können, während gleichzeitig das Risiko einer Virusübertragung minimiert werden kann. Da einige Besitzer*innen berichteten, dass sich das Verhalten ihrer Hunde verschlechtert habe, empfehlen die Autor*innen die Erarbeitung von Erste-Hilfe-Maßnahmen.

Die Autor*innen konnten mit ihrer Studie aufzeigen, dass die Covid19-Massnahmen auch Auswirkung auf Hunde hatte. Weitere Untersuchungen sind erforderlich, um auch langfristigen Verhaltensänderungen bei Hunden nach dem Lockdown zu untersuchen.

 

Quelle

Holland KE, Owczarczak-Garstecka SC, Anderson KL, Casey RA, Christley RM, Harris L, et al. “More Attention than Usual”: A Thematic Analysis of Dog Ownership Experiences in the UK during the First COVID-19 Lockdown. Animals 2021;11:240. https://doi.org/10.3390/ani11010240.