Bessere psychosoziale Anpassung durch tiergestützte Psychotherapie (AAP)

Hintergrund
Kinder und Jugendliche, die sich in Obhut von staatlichen Institutionen befinden, haben oft traumatische Erlebnisse gemacht und haben ein höheres Risiko an psychischen Störungen zu erkranken. In verschiedenen Studien wurde gezeigt, dass Kinder und Jugendliche in Heimen weniger gute Anpassungs- und Bewältigungsfähigkeiten haben, weniger familiäre und soziale Unterstützung erfahren und einen tieferen Selbstwert haben. Auch in der Schule zeigen diese Jugendlichen Probleme mit Aufmerksamkeit und Lernen sowie mit der Integration in die Gruppe der Gleichaltrigen oder in der Beziehung zu Lehrpersonen.  In dieser Studie wollten die Autoren untersuchen, ob diese Jugendlichen von einem Programm mit tiergestützter Psychotherapie (AAP) profitieren können, da verschiedene Studien gezeigt haben, dass die Anwesenheit von Tieren in der Psychotherapie helfen können Bindungen einzugehen, eine starke Therapieallianz zu schaffen, die Therapiemotivation zu fördern und die gefühlte Stigmatisierung der Patienten zu vermindern.

Methode
An der Studie nahmen 63 Jugendliche im Alter zwischen 12 und 17 Jahren teil. Alle Teilnehmer wohnten zum Zeitpunkt der Studie in einer staatlichen Institution, zeigten psychische Probleme wie verhaltensbezogene, depressive oder Angst-Störungen und hatten Schwierigkeiten sich an die Situation im Heim anzupassen. Die Interventionsgruppe bestand aus 39 Jugendlichen (Durchschnittsalter von 15.03 Jahren, 19 weiblich) und die Kontrollgruppe bestand aus 24 Teilnehmern (Durchschnittsalter von 15.67 Jahren, 5 weiblich).

Alle Jugendlichen hatten vor, während und nach der Studie regelmässig Einzel-Psychotherapie-Sitzungen ohne Tiere. Um die Veränderungen im Verhalten nach dem AAP-Programm zu erfassen, wurden die spanische Version des Behavior Assessment System for Childern (BASC) verwendet. Das BASC ist ein Verhaltensfragebogen bestehend aus einem Selbstbeurteilungsfragebogen zu Persönlichkeit, welche die Jugendlichen selber ausfüllen, und Fremdbeurteilungsfragebögen, welche durch die Betreuer im Heim und die Lehrpersonen ausgefüllt wurde. Die Fragebögen erfassen verschiedene Bereiche wie Aggression, Hyperaktivität, Aufmerksamkeit, Angst oder depressives Verhalten.

Im ersten Teil der Studie wurden demographische Daten von den Jugendlichen erhoben und das BASC von den Jugendlichen, den Lehrpersonen und den Heimbetreuern ausgefüllt. Im zweiten Teil nahmen die Teilnehmer der Interventionsgruppe an einem 12-wöchigen Programm teil, währenddessen die Jugendlichen pro Woche zwei Tage auf einem Bauernhof verbrachten und auch eine Nacht dort übernachteten. Die Jugendlichen erhielten 23 Gruppen- und 11 Einzel-AAP-Sitzungen, bei welchen vor allem Hunde und Pferde eingesetzt wurden. Die Jugendlichen hatten aber auch Sitzungen mit Katzen, Schafen, Ziegen, Hühnern und Schweinen. Es wurden folgende sechs Thema-Blöcke durchgeführt: (1) Eine sichere Basis schaffen, (2) Identifikation, Verständnis und Verbalisierung von Emotionen, (3) Emotionsregulation, (4) zwischenmenschliche Beziehungen, (5) Selbstwert und Selbstkompetenz, (6) Abschluss. Die Jugendlichen in der Kontrollgruppe nahmen im Gegensatz zur Interventionsgruppe während dem zweiten Teil an keinem speziellen Programm teil. Im dritten Teil wurde nochmals das BASC von den Jugendlichen, den Lehrpersonen und den Heimbetreuern ausgefüllt.

Resultate und Diskussion
In der Studie konnte gezeigt werden, dass die Jugendlichen in der Interventionsgruppe nach dem AAP-Programm eine bessere Leistung als die Kontrollgruppe in der Schule zeigen. Auch wenn sie immer noch Verhaltensauffälligkeiten und klinische Symptome zeigten, war ihre Motivation und Aufmerksamkeit in der Schule besser als bei der Kontrollgruppe. Es wurde eine Reduktion von Hyperaktivität in der Interventionsgruppe beobachtet, aber bei anderen klinischen Symptomen von Depression, Angst oder auffälliges Verhalten wurde kein Unterschied zur Kontrollgruppe festgestellt. Nach dem AAP-Programm nahmen sich die Jugendlichen als weniger launisch, paranoid und impulsiv wahr und hatten weniger das Gefühl die Kontrolle zu verlieren oder seltsam zu sein. Die Heimbetreuer bestätigen, dass die Jugendlichen weniger Verhaltens- und emotionale Probleme zeigen. In der Studie zeigte sich auch, dass die Jugendlichen nach dem AAP-Programm bessere soziale Kompetenzen und Anpassungsfähigkeiten erlernt hatten. Da diese Jugendlichen oft durch die familiären Verhältnisse weniger soziale Unterstützung bekommen, ist es von Bedeutung, dass sie zu den Betreuern im Heim eine gute Beziehung eingehen könne und somit ist das Erlernen von sozialen Kompetenzen zentral. In dieser Studie konnte aufgezeigt werden, dass der Einsatz von Tieren in der Psychotherapie das Eingehen von Bindungen fördern und soziale und Anpassungsfähigkeiten steigern kann.

Quelle
Balluerka, N., Muela, A., Amiano, N., & Caldentey, M. A. (2015). Promoting psychosocial adaptation of youths in residential care through animal-assisted psychotherapy. Child Abuse and Neglect, 50, 193–205. https://doi.org/10.1016/j.chiabu.2015.09.004